Alles, was du über das Barfußlaufen wissen musst, erzählt dir unser Mitarbeiter Ralf Kusterer. Als leidenschaftlicher Trailläufer nutzt Ralf das Barfußlaufen, um sein Training effektiver zu gestalten und um langfristig verletzungsfrei zu laufen.

 

LaufSport Gralki: Wie können Läufer vom Barfußlaufen profitieren?

Ralf Kusterer: Barfußlaufen ist die natürlichste Form des Laufens. Wenn man mit sogenannten Barfußlaufschuhen trainiert, findet der Körper automatisch in einen sauberen Laufstil. Auf langfristiger Sicht können dadurch auch Verletzungen vorgebeugt werden. Allerdings ist es wichtig, ein zu schnelles Steigern zu vermeiden, denn wer zu schnell zu viel will riskiert einen Schuss nach hinten. Wer sich jedoch langsam an weitere Strecken in den Barfußschuhen herantastet, hat die besten Chancen langfristig verletzungsfrei zu laufen.

Auf der anderen Seite hat die Laufschuhindustrie natürlich auch ihre guten Seiten, denn konventionelle Laufschuhe helfen uns mit Pronationsstütze und Dämpfung dort, wo wir Schwachpunkte haben. Barfußschuhe können uns dagegen helfen, diese auszugleichen.

 

Was ist der größte Unterschied zwischen normalen Laufschuhen und Barfußlaufschuhen?

Das natürliche Laufen steht im Vordergrund. In Barfußschuhen mit 0mm Sprengung wird die Fußmuskulatur ganzheitlich beansprucht. Außerdem wird der Untergrund, auf dem man läuft, deutlicher wahrgenommen. In Barfußschuhen mit minimaler Sohle kann die Fußsohle Informationen über die Beschaffenheit des Bodens aufnehmen. Diese Reize gehen in normalen Laufschuhen verloren.

 

Welche Barfußschuhe sind am besten für Läufer geeignet?

Hier muss der Läufer selbst entscheiden, ob er lieber einen Zehenschuh möchte, oder einen minimalistischen Schuh mit geschlossener Zehenbox. Bei Zehenschuhen wie zum Beispiel FiveFingers wurde das Konzept des Barfußlaufens zu Ende gedacht, denn jeder Zeh hat seinen eigenen Raum. Dadurch können sich alle Zehen ideal an den Untergrund anpassen. Barfußschuhe mit Zehenbox wie zum Beispiel der Minimus Trail 10v1 von New Balance sind gut für Leute geeignet, die den zusätzlichen Stoff zwischen den Zehen nicht mögen.

 

Sind Zehenschuhe auch bei starken Fußfehlstellungen wie zum Beispiel Hallux Valgus geeignet?

Eigentlich sind Zehenschuhe das Therapiegerät bei Hallux Valgus Fehlstellungen. Die einzelnen Zehen stehen im Barfußschuh gerade und müssen aktiv mitarbeiten, wodurch die meist schwachen Zehenflexoren und -extensoren gekräftigt werden. Die Zehen als Greiforgane können beim Barfußlaufen ihrer eigentlichen Funktion gerecht werden. Bei einem geschlossenen Schuh bleiben die Zehen passiv und durch hohe Absätze lastet vermehrt Druck auf dem Vorfuß. Deshalb profitieren auch Läufer mit Spreizfußbeschwerden vom Barfußlaufen.

 

Gibt es Gesundheitsrisiken beim Barfußlaufen?

Bei zu schneller Steigerung der Umfänge und des Tempos kann es zu Überlastungsschäden kommen. Deshalb ist ein langsames Steigern das A und O, damit die Muskulatur genügend Zeit zu Anpassung bekommt. Gut trainierte Läufer sind stärker gefährdet, zu schnell und zu viel barfuß zu laufen, denn während das Herz-Kreislauf-System beim Barfußlaufen nicht mehr belastet wird als bei normalem Lauftraining, sieht das bei Sehnen, Knorpeln und Gelenken anders aus. Die Adaptation des Sehnen- und Bänderapparates dauert länger als beim Herz- Kreislaufsystem.

 

Wie sollte man sich an das Barfußlaufen herantasten?

Egal ob Laufanfänger oder ambitionierter Läufer – beim Barfußlaufen sollte man verstärkt auf einen sauberen Laufstil achten und langsam anfangen. Hier ist unser kurzer Guide zum Barfußlaufen:

Level 1: Als Anfänger sollte man damit beginnen, die Barfußschuhe ungefähr eine Stunde lang im Alltag zu tragen, am besten abwechselnd in sitzender und stehender Tätigkeit. Die Fußmuskulatur muss sich daran gewöhnen, dass der Halt und die Stütze von gewöhnlichen Schuhen fehlt.

Level 2: Nach ungefähr drei bis vier Tagen Übung im Alltag kann mit Spaziergängen angefangen werden. Diese sollten zuerst nicht länger als eine Stunde sein.

Level 3: Die Spaziergänge können langsam zu zwei Stunden ausgedehnt werden.

Level 4: Erst wenn längere Spaziergänge ohne Verspannung der Fußmuskulatur möglich sind, kann man mit Lauftraining in den Barfußschuhen anfangen. Hier empfiehlt sich, je zwei Minuten abwechselnd zu laufen und zu gehen. Während die Intervalle zunächst gleich lang sind, können die Laufpassagen mit der Zeit ausgedehnt werden bis man eine Stunde am Stück barfuß laufen kann.

Level 5: Erst wenn man eine Stunde oder zehn Kilometer durchlaufen kann, sollte man das Lauftempo steigern.

Beim Barfußlaufen gilt, je müder die Muskulatur ist, desto mehr kommt der Fuß mit der Ferse statt dem Mittelfuß auf. Dies kann man gut als Orientierung benutzen, um die Länge der Laufintervalle zu bestimmen. Wenn der Aufprall auf der Ferse stattfindet, ist die Muskulatur noch nicht ausreichend an die Belastung angepasst und man sollte wieder ins Gehen wechseln.

 

Was sollte man beim Training mit Barfußschuhen noch beachten?

Barfußschuhe sind nicht der Weisheit letzter Schluss. Schuhe sind wie Trainingsgeräte und wie bei anderen Sportarten auch, sollte man verschiedene Trainingsgeräte benutzen. Unser Bewegungsapparat ist ein Gewohnheitstier. Bekommt er immer den gleichen Reiz, dann passt er sich an, aber entwickelt sich nicht. Wer abwechselnd mit verschiedenen Schuhen läuft, setzt seinen Körper unterschiedlichen Reizen aus und erzielt somit einen verbesserten Trainingseffekt.

Es gibt vier Parameter, die zur Auswahl des richtigen Trainingsschuhs berücksichtigt werden sollten: Distanz, Schnelligkeit, Untergrund und Ermüdung der Muskulatur.

  1. Distanz: Je länger die Laufstrecke, desto mehr Dämpfung darf ein Laufschuh haben.
  2. Schnelligkeit: Je schneller man unterwegs ist, desto direkter und flacher darf ein Laufschuh sein, aufgrund der kürzeren Bodenkontaktzeit.
  3. Untergrund: Für Laufrunden auf Trails sind Schuhe mit profilierten Sohlen gut geeignet.
  4. Ermüdung der Muskulatur: Bei ausgeruhten Muskeln ist der Barfußschuh eine gute Wahl. Wenn man ein hartes Training hinter sich hat, sollte man lieber einen gut gedämpften Laufschuh wählen, um eine Fehl- oder Überbelastung der Füße zu vermeiden.

 

Gibt es zusätzliche Übungen, die man als Barfußläufer machen sollte?

Gerade bei der Steigerung von Umfang und Tempo ist die Vor- und Nachbereitung des Laufs elementar wichtig. Dazu gehören Dehnung, Kräftigung und Massage mit der Faszienrolle.

Zum Dehnen sucht man sich am besten eine Treppenstufe, wo man mit beiden Fußballen auf der Treppenkante steht und beide Fersen absenkt. Alternativ kann man dann die Knie leicht nach vorne schieben, sodass die Dehnung in der Achillessehne spürbar wird.

Zur Kräftigung der Wadenmuskulatur nutzt man dieselbe Ausgangsstellung wie bei der Dehnübung. Dann kann man sich abwechselnd nach oben drücken und die Fersen wieder absenken.

Zur Massage der Fußsohle und der Waden sind Faszienrollen empfehlenswert. Mit einer kleinen Rolle kann man die gesamte Fußsohle bearbeiten, vom großen Zeh bis zur Ferse. Zusätzlich sollte man auch die Wade mit einer großen Rolle behandeln, um Verspannungen zu lösen. Hierbei stützt man sich mit den Armen hinter dem Rücken ab und nutzt sein Körpergewicht, um die Wade zu massieren.

 

Fazit?

Barfußschuhe sind ein wertvolles Trainingsgerät, das unbedingt als Ergänzung zum Lauftraining genutzt werden sollte um einen ganzheitlichen Trainingsreiz zu erzielen.

 

Interesse? Bei uns findest du eine große Auswahl an FiveFingers.

 

Das Interview führte Julia Gralki
www.juliagralki.com